Einweihung der Hauswirtschaftsabteilung

Zum siebten Mal in Folge seit dem schrecklichen Tsunami im Dezember 2004 machte sich Edeltrud Pinger, zweite Vorsitzende des Freundeskreises Neuwied-Matara, auf den Weg zu der fernen Insel im Indischen Ozean. Fünf verschiedene Projekte an vier Schulen sind mittlerweile entstanden und um Tsunamiopfer im eigentlichen Sinne geht es nicht mehr. Das Land hat wieder aufgebaut, viel europäische – aber auch amerikanische und asiatische – Hilfe ist geleistet worden, auch wenn noch vieles brach liegt.

Die Konzentration der Neuwieder Hilfe auf die Schulkinder von Matara war eine gute und richtige Wahl und hat Verbindungen geknüpft, die keiner lösen möchte, nur weil die schlimmsten Schäden beseitigt sind. Die Mitglieder des Freundeskreises sind ganz nah an den Projekten und den Menschen geblieben, für die sie entwickelt und durchgeführt wurden. Der ständige Kontakt mit dem Koordinator vor Ort, 3-4 Reisen pro Jahr nach Matara (in unterschiedlichen Besetzungen), in deren Verlauf Bautätigkeiten, sachgerechte Nutzung und Mängelbeseitigung auf dem Programm stehen und nicht zu vergessen, die persönlichen freundschaftlichen Kontakte, die die Unterschiede zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen, Sprachen, Religionen und Lebensweisen im persönlichen Kontakt irrelevant werden lassen.

Naturwissenschaftliche Unterrichtsräume

Die naturwissenschaftlichen Unterrichtsräume (eröffnet im Oktober 2010) und der Hauswirtschaftsraum am Anura College (im Juli 2011) gehören zum jüngsten Projekt des Freundeskreises, das in einer Weise genutzt wird – wie Edeltrud Pinger bei ihrer diesjährigen Reise im Juli feststellen konnte – die tief bewegt und deutlich macht, dass die Hilfe bei der richtigen Klientel angekommen ist. Endlich können Experimente praktisch durchgeführt werden, kann mikroskopiert werden, kann man Ergebnisse an eine ordentliche Tafel schreiben, und man sitzt dabei sogar in einem überdachten Raum mit richtigem Mobiliar. Da wo es noch keine entsprechenden Schulbücher oder anschaulichen Modelle gibt, muss die Natur herhalten: die Schnittfläche einer in der Mitte längs geteilten jungen Kokosnuss dient hervorragend als Anschauungsmaterial für das menschliche Auge.

Auch der Weg zum Magnesiumoxid im Chemieunterricht kann sowohl als Formel an der Tafel entwickelt und dokumentiert werden als auch im Experiment mit großer Stichflamme sichtbar gemacht und das feststoffliche Endprodukt begutachtet werden.

Es ist kaum zu beschreiben, wie sehr Lehrer und Schüler diese Neuerungen genießen und wertschätzen und wie stolz sie auf die neuen Möglichkeiten ihrer schulischen Arbeit sind. Sie bedeuten bessere Zukunftschancen durch intensivere Arbeit.

Hauswirtschaftsraum

Der neue Hauswirtschaftsraum bietet für die meisten Mädchen Gelegenheiten, die sie zu Hause selten finden und die im bisherigen Unterricht durch mangelndes Unterrichtsmaterial gar nicht gegeben werden konnten. Eine etwa fünf Meter lange Arbeitsfläche im Winkel, zwei Spülbecken, ein Gaskocher, ein Backofen, ein Trinkwasserbereiter und sogar ein richtiger, großer Kühlschrank mit Eisfach (Spende des Lionsclubs Neuwied-Andernach) gehören jetzt zur Ausrüstung.

Den Schülern des Werner-Heisenberg-Gymnasiums, die beim Rheinland-Pfalz-Projekt „Aktion Tagwerk“ ca. 800 € für die Schule in Sri Lanka im wahrsten Sinne des Wortes „erarbeitet“ hatten, kann ihre Schulleiterin Pinger nun berichten, welche Ausstattung für die neue Küche noch angeschafft wurde: Tassen, Teller, Besteck, Gläser, Töpfe, Backformen, ein elektrischer Mixer, Tortenspritze, Tauchsieder, Thermosflasche…u.v.m. Natürlich musste eine Koch- und Backdemonstration her, bei der die Mädchen zum ersten Mal in ihrem Leben einen elektrischen Mixer in der Hand hielten und sich reihum ängstlich an das neue Gerät heranwagten.

Auch bei der Dekoration des Butterkuchens folgten die Schülerinnen dem guten und sehr professionellen Beispiel ihrer Lehrerin, Mrs. Tekla, und lernten mit Erstaunen, was man mit einer Tortenspritze und bunter Sahne alles zaubern kann – auch wenn die blaue und rosa Sahne etwas seltsam anmutete.

Mit großer Freude und Dankbarkeit wurde diese neue Lehrwerkstatt angenommen, die nun eine wirklich sinnvolle, bereichernde und fördernde Ausbildung der jungen Singhalesinnen ermöglicht.

Auch ganz kleine Geschenke erzielten bei den singhalesischen Schülern große Wirkung. Spenden von Kugelschreibern der Firmen Liqui Moly, Junkers, der Debeka, der Stadtsparkasse Neuwied und Köln, der Süwag, der Telecom und der Pharmafirma Lilly und einigen mehr, fanden dankbare Abnehmer bei den Kindern und Jugendlichen, die normalerweise mit starren Minen- oder Bleistiften schreiben und die ganz versessen auf die Modelle aus Deutschland sind, die man drehen und klicken kann. 800 Stück waren dieses Mal im Gepäck, und der Bedarf ist noch nicht gedeckt.

In den letzten drei Jahren hatte Edeltrud Pinger, die als Lehrerin über viele Jahre Englisch und Französisch unterrichtete und auch als Schulleiterin regelmäßig noch einige Stunden gibt, kostenlosen Deutschunterricht für das Personal des Koggala Beach Hotels erteilt und die jungen sehr ehrgeizigen und fleißigen Hotelangestellten vor allem für die deutschen Touristen fit gemacht. In diesem Jahr konnten die Englischlehrer und einige Schüler der vier Projektschulen von diesem Service profitieren. Fast jeden Nachmittag von 15 – 17 Uhr und sogar Samstag und Sonntag von 9 – 12 Uhr wurde gebüffelt, und die knapp drei, aber viel zu kurzen Wochen reichten, um sich auf Deutsch vorzustellen, von der eigenen Familie und seiner Arbeit zu berichten, Zahlen, Uhrzeiten, Monate und Wochentage zu benutzen und sogar eine kleine Geschichte über eine deutsche Familie zu lesen, zu verstehen und Fragen dazu zu beantworten. Wie schwierig es sein muss, mit Hilfe einer Fremdsprache (Englisch) eine weitere Fremdsprache (Deutsch) zu lernen, konnte sich Pinger lebhaft bei ihrem eigenen Bemühen, Singhalesisch zu lernen, vorstellen.

Viele Kontakte sind zu freundschaftlichen Beziehungen geworden. Gemeinsames Essen, Tee trinken, den deutschen Gästen das Land und die Sehenswürdigkeiten zeigen, mit Schülern sprechen, die stolz darauf sind, ihr Englisch anzuwenden und verstanden zu werden, all das verbindet und lässt trotz aller Unterschiede für wenige Wochen zusammen wachsen.

In das vom Tsunami katastrophal getroffene und zerstörte Land kehrt allmählich wieder Normalität ein. Der Bürgerkrieg ist beendet und lässt die Menschen nicht nur im Nordosten wieder zur Ruhe kommen. Für deutsche Augen, Ohren und Nasen ist vieles grenzwertig und gewöhnungsbedürftig. Die wunderschönen, noch sehr wenig belebten langen Sandstrände an den Küsten sind einladend und bieten in unterschiedlichen Hotelanlagen – von einfach bis luxuriös – die Gelegenheit zu einem erholsamen Badeurlaub, dem man aber in jedem Fall eine 3-4 tägige Reise durch das Land voranstellen sollte.

Das Elefantenwaisenhaus in Pinawela, die Tempelanlage in Dambulla, der riesige Felsen Sigiriya, die Stadt Kandy im Landesinnere, die Teeplantagen auf dem Weg nach dem hochgelegenen Nuwara Eliya, die große religiöse Stätte Kataragama, die dem Islam, dem Hinduismus und dem Buddhismus in einer Anlage Raum bietet, zumindest diese Orte sollte man gesehen haben und dabei die reichhaltige, oft bizarre, aber wunderschöne Tier- und Pflanzenwelt auf sich wirken lassen.

Schon etliche Neuwieder haben eine solche Tour mit dem gebürtigen Singhalesen und Geschäftsführer des Freundeskreises Neuwied-Matara, Sagara Abegunewardene, gemacht. Viele von ihnen sind mittlerweile Mitglieder des Vereins, der seine Arbeit an den Schulen in Matara fortsetzen wird. Immer wieder reisen Sagara und andere Aktive auf ausschließlich eigene Kosten nach Sri Lanka, wie in diesem Jahr Edeltrud Pinger, um die Botschaft mitzubringen: Der Aufwand lohnt sich, die Spenden kommen ungekürzt den Schülern zugute, die Arbeit geht weiter, das nächste Projekt wartet schon.

Sollten Sie neugierig auf Sri Lanka und die Projektarbeit des Freundeskreises Neuwied-Matara geworden sein, informieren Sie sich unter www.tsunami-kinder-matara.de

Edeltrud Pinger für den Freundeskreises Neuwied – Matara