Bildung – ein Modell auf Gegenseitigkeit

Unsere beiden Praktikantinnen Marie und Jana scheinen sich an der Rohana Special School pudelwohl zu fühlen. Und es hört sich in ihrem Bericht so an, als ob nicht nur sie diesen Kindern etwas beibringen, sondern auch die beiden jungen Deutschen viel über und mit den behinderten Schülerinnen und Schülern dieser speziellen Schule lernen.

Erste Erfahrung: Unterricht mit geistig beeinträchtigten Kindern. (MR = Mentally Retarded) Dazu zählen Kinder mit Down-Syndrom und auch Autisten aller Art. Das Unterrichtsthema lautet: „Die Landschaft von Sri Lanka mit allen Sinnen entdecken“.

Am Ende soll für jedes Kind eine Mappe entstehen und ein großes Poster zur Demonstration für die Allgemeinheit.

Erste Lektion: Wasser und Sand, und zum Wasser gehört natürlich auch der Fisch. Da die Lehrerin kaum Englisch spricht, müssen abends die Gastbrüder der singhalesischen Familie ran, bei der Marie und Jana wohnen. Die Jungs bringen ihnen die Wörter auf singhalesisch bei, die sie für den Unterricht am anderen Morgen wahrscheinlich brauchen. Und ihr Englisch ist durch die Gastschwestern auch schon bedeutend besser geworden. Guter Deal!

Ein großer Lerneffekt ergibt sich immer durch Musik und Lieder singen. Ein einfaches Begrüßungslied jeden Morgen oder auch zur Verabschiedung nach dem Unterricht prägt sich ein und macht auch noch Riesenspaß.

Zweite Lektion: Der Wald in Sri Lanka. Dafür ist eine kleine Exkursion nötig. Also, raus in den Wald, Blätter von verschiedenen Bäumen und Sträuchern sammeln und später aufkleben. Auch der Geschmackssinn wird angesprochen: Limetten schmecken sauer, Mango dagegen süß. Auf dem Markt werden Früchte gekauft und probiert.

Dritte Lektion: Wie hört sich was an? Geräusche wahrnehmen, mit einem Mikrofon aufnehmen und später abspielen und wiedererkennen: Rauschen von Wind in den Bäumen, Regen, Autolärm,…etc.

Vierte Lektion: Reis – das wichtigste Nahrungsmittel in Sri Lanka. Wie sehen Reisfelder aus und wie wächst der Reis bevor man ihn ernten kann? Außerdem eignen sich Reiskörner wunderbar, um damit kleine Musikinstrumente wie Rasseln zu bauen und dann damit auch zu musizieren.

Beim Thema Wasser darf man auch die Boote nicht vergessen. Und wer aus Papier kleine Segelboote bauen kann – und das können Marie und Jana fantastisch – hat bei den Kindern schon gewonnen, und es entsteht eine ganze Armada.

Mit blinden und taubstummen Schülern haben die beiden Deutschen auch erste Erfahrungen im Englischunterricht gemacht. Die Phonetik ist bei den blinden und sehbehinderten Kindern kein Problem, aber um mit den taubstummen Kindern zu arbeiten, müssen Marie und Jana auch Zeichensprache, also „sign-language“ lernen. So ist die Frage nicht einfach zu beantworten, wer hier mehr lernt: die Kinder oder die jungen Lehrerinnen? Die richtige Antwort spielt hier gar keine Rolle. Beide lernen und profitieren voneinander, haben Spaß miteinander und merken, dass weder körperliche oder geistige Behinderungen noch fremde Sprachen, Religionen oder Kulturen ein Problem oder Hindernis für gute Kommunikation und menschliches Miteinander sind.

Dennoch ist die Zeit am Anura College nicht vergessen. Und da der Heimweg von der Rohana Special School am Anura College vorbeiführt, trifft man immer wieder „alte“ Bekannte, Schüler und Lehrer, winkt, grüßt und freut sich über diese Begegnung.